Skip to main content

Titel :
Die letzten Kriegstage in der Heimat
Autor :
Gerd Streichardt
ISBN :
9783939829652
Verlag :
Preis :
22,00 Euro
Infos :
Der Autor zu diesem Buch:

Bei meinen Recherchen zur Findung der Namen gefallener und vermisster Soldaten aus dem II. Weltkrieg kam ich unmittelbar mit den Kriegswirren in Lohmar in Kontakt. Die noch lebenden Zeitzeugen konnten sich fast ausschließlich an den 10. April 1945 erinnern, als in den Nachmittagsstunden der amerikanische Kampfzug 303 der 97. Infanteriedivision unter der Leitung von Captain William B. Forse den Ort Lohmar einnahm.

Der wahnsinnige, sinnlose, brutale Krieg fand an diesem Tage in Lohmar sein Ende. Die seelischen und die materiellen Schäden, die Not um seine Angehörigen, der Hunger und die Verzweiflung sollten aber noch Monate und Jahre den Ort beherrschen. Normalität gab es erst viel später.

Es geht in diesem Buch nicht um das Aufreißen vernarbter Wunden. Es sollte aber möglich sein, auch den vielen, meist unschuldigen Opfern in würdiger Form zu gedenken und nicht der totalen Vergessenheit anheim fallen zu lassen.

Bei den Befragungen der Zeitzeugen stellte ich schnell fest, dass das Schicksal um den 10.4.1945 nicht nur den Ort Lohmar betraf, sondern auch die Kreisstadt Siegburg, die am gleichen Tag eingenommen wurde. So sind eine Vielzahl der vorliegenden Berichte überschreitend festgehalten, um dem Leser das Gesamtbild dieses Befreiungstages vor Augen zu führen. Auch wurde die Stadt Troisdorf mit eingebunden, da hier in den letzten Kriegstagen viele Männer aus Lohmar zum Volkssturm in die Klöckner-Mannstedt-Werke beordert wurden. Viele ließen beim Volkssturm ihr Leben.

Die Menschen aus Lohmar und Siegburg, die ich befragt habe, waren im April 1945 zwischen 8 und 17 Jahren alt. Jungvolk, Pimpfe und Hitlerjugend, wie das Regime sie gerne nannte.
Und eben diese Gruppe an jungen Menschen konnte mir exakt das zeitliche Geschehen wiedergeben. Soldaten waren an der Front, die „Alten“ beim Volkssturm und viele haben das Ende des Krieges an anderer Stelle erlebt. Einige blieben zu Hause und hielten in der Landwirtschaft und kleineren Handwerksbetrieben sowie Tante-Emma-Läden und Bäckereien die Infrastruktur einigermaßen aufrecht.

Es fiel mir auf, dass bei diesen Befragten das Erinnerungsver¬mögen hellwach war. An viele Details konnte man sich erinnern. Aber wie ist diese Zeit an diesen, damals jungen Menschen vorüber gegangen? Was haben sie Furchtbares erlebt. Sie waren über Jahre traumarisiert und konnten nicht vergessen.

Unser Ort Lohmar hat sich in den vergangenen 70 Jahren sehr verändert. Trotzdem sind nach all den Jahren Schäden an Häusern, Mauern, Gittern und im angrenzenden Wald noch erkennbar. Stumme Zeugen, die belassen werden sollten, um dem aufmerksamen Betrachter diese schreckliche Zeit als Mahnmal in Erinnerung zu bringen.

In einigen Jahren kann niemand mehr über diesen 10.4.1945 berichten. Deshalb soll das Buch aufrütteln, mahnen, den Folgegenerationen den Mut geben, sich dem Aufkommen einer Neo-Nazi-Gesinnung entgegenzustemmen und sie im Keim zu ersticken.

Es soll auch in den Unterrichtsklassen der Schulen aufzeigen, was sich in unserem Lohmar an diesem Tag ereignet hat.

Ich danke den vielen Zeitzeugen für ihren Mut, mir ihre Erinnerungen zu beschreiben. Einigen ist es sicherlich nicht leicht gefallen und ich habe in den vielen langen Gesprächen manche Träne gesehen. Verständnis zeige ich auch für die Menschen aus Lohmar, die zu mir sagten: Das war so schlimm, darüber möchte ich nicht mehr sprechen.
Gerd Streichardt